Eine barrierefreie Toilette für den Denk- und Produktionsort Libken e.V.

Autor nele.ilic

Erstellt am 24. November 2020 12:36


Mit dem Denk- und Produktionsort Libken e.V. hat Quartiermeister dieses Jahr zum ersten Mal ein Projekt im ländlichen Raum gefördert. In einem Skype-Gespräch habe ich mit Kim, Louis und Christoph darüber gesprochen, was ihre Arbeit ausmacht und was sie mit der Quartiermeister-Förderung gemacht haben.

Womit beschäftigt sich euer Projekt?

Kim: Den Denk- und Produktionsort Libken e.V. gibt es seit sechs Jahren. Hier sind Menschengruppen und eingeladen, mit einem bestimmten Vorhaben, an einem bestimmten Projekt zu arbeiten. Das ist relativ weit gefasst: es kommen Leute aus der Kunst, der Kulturszene, Leute, die politische Arbeit, aktivistische Arbeit machen. Wichtig ist nur, dass es ein konkretes Vorhaben ist. Die Leute können dann zwischen 3 Tagen und 5 Monaten hier arbeiten. Nebenher schreiben wir auch Stipendien aus. Und wir sind in einem Neubau aus 1964, der von LPG- Arbeiter*innen zum Wohnen genutzt wurde. Es wohnen ein paar Leute bei uns, und dann gibt es noch den Verein, der das Ganze prägt und bespielt und ein Kollektiv, das den Residenzbetrieb macht. Wir drei sind Teil von diesem Kollektiv.

Louis: Viel funktioniert über den Schnittpunkt Kultur oder Kunst. Von Personen, die Theaterstücke schreiben, oder queeren Themen, oder Kinderbüchern, Leute, die sich in ökologischen Bereichen engagieren. Wir geben einen Rückzugsraum für Leute, die an gesellschaftlichen Problemen arbeiten, die z.B. antirassistische Arbeit machen. Es ist unser Anliegen, Leute zu fördern, die solche Arbeit machen. Grundsätzlich gilt, dass wir auch nicht allen Projekten Raum geben, sondern wir fördern die Projekte, die für uns interessant sind und bei denen wir einen emanzipatorischen Ansatz sehen. Dabei ist es auch wichtig, marginalisierten Leuten Raum zu geben. Darüber hinaus sind wir hier kulturarbeiterisch tätig, machen Veranstaltungen vor Ort und versuchen, einen Austausch herzustellen, auch mit der Stipendiatin, die mit dem Kunst- und Umweltstipendium sich mit der Umgebung auseinandersetzt, sich mit der Vergangenheit hier beschäftigen, mit der Treuhand zum Beispiel. Durch das Gebäude und die Umgebung haben wir hier viele geschichtliche Anknüpfungspunkte und sind sehr daran interessiert, uns darin zu positionieren. Wir sind auch mit unserer Position als neu Dazukommende kritisch, aber auch mit dem, was schon hier war.

Kim: Und als Betrieb versuchen wir, anders zu wirtschaften und uns kapitalistischen Logiken zu entziehen, versuchen solidarisch nach innen und nach außen zu sein. Wir gestalten unser Preissystem solidarisch und erproben da: wie kann Zusammenarbeit funktionieren, die sich besser anfühlt?

Ihr habt euch bei Quartiermeister auf die Förderung für den Bau einer barrierefreien Toilette beworben. Konntet ihr die Toilette bauen? Wie lief das? 

Louis: Das war abenteuerlich. Das fiel alles in die Anfangszeit von Corona. Wir wollten eigentlich so einen Seecontainer ausbauen. Dann ging Corona los und die Preise von Containern sind in die Decke gegangen, sodass das nicht mehr finanzierbar war mit nem Container und es gab auch einfach keine mehr, weil der ganze Überseehandel zum Erliegen gekommen ist. Dann haben wir stattdessen ein altes DDR-Pförtnerhäuschen gefunden und ausgebaut über zweieinhalb Monate.

Christoph: Dafür haben wir erst ein tiefes Loch gegraben, da ist jetzt das Herz des Ganzen drin, der Kompostiertank.  Es ist ein Trockenklo, das heißt, es gibt kein Wasser. Danach wurde dieser Kiosk drüber geschoben und dann haben wir den Innenausbau begonnen: wir haben innen alles neu gemacht, vertäfelt mit Holzlatten, mit gelben beschichteten Platten, haben eine barrierefreie Toilette reingebaut, Waschbecken zum Runterfahren, eine Rampe, und noch ein Trockenpissoir.  Seit zwei Wochen gibt’s auch Strom und Licht. Es funktioniert jetzt als Klo für alles, was im Garten, im weiträumigen Gelände und im Veranstaltungsraum stattfindet. Sodass die Leute nicht immer in den Block reinmüssen, um auf Toilette zu gehen. Hat halt viele Scheiben, das ist bisschen ungewöhnlich für ein Klo. Die sind so bisschen abgeklebt mit so Milchfolie.

Louis: Ein schönes Klo, kann man sagen.

Christoph: Eigentlich ein super Klo. Ich glaube, es wird genau das tun, was es tun soll. Naja, es ist vor allem sehr umweltfreundlich. Man wird diesen Kanister wahrscheinlich so einmal im Jahr leeren müssen, das war‘s. Es gibt da keine Wasserverschwendung. 

Louis: Wir haben auch den ganzen Veranstaltungsraum so umgebaut, dass der auch barrierefrei ist, das hängt natürlich alles zusammen. Wir haben jetzt erstmalig die Möglichkeit, hier Veranstaltungen zu machen und Leute im Rollstuhl können hierherkommen, können auf Toilette gehen, und das ist schon sehr cool.

Wie ist euer Verhältnis zu mit euren Nachbar*innen? Seid ihr viel im Austausch mit Leuten aus der Umgebung?

Christoph: Ich würde den Kontakt als gut bezeichnen. Der ist vorhanden, mehr oder weniger.

Louis: mit manchen.

Christoph: Wir merken auch, dass man das manchmal gar nicht so genau weiß, es kommt nie jemand und beschwert sich. Ist das ein gutes Zeichen? Vielleicht.

Louis: Dann gibt’s ein paar Leute, die finden das total cool, und kommen zu Veranstaltungen, aber sind die jetzt repräsentativ? Können wir deswegen sagen, wir haben ein gutes Verhältnis zu unseren Nachbar*innen? Wir versuchen uns auch in der Region zu verorten und nicht nur im Dorf, deswegen ist das Verhältnis gar nicht so viel anders als in der Stadt einem Bezirk zu sein. Bestimmte Leute erreichen wir, bestimmte Leute würden wir gerne mehr erreichen. Und immer wieder entstehen auch neue Begegnungen. Aber so pauschal von einem guten Verhältnis kann man jetzt nicht reden.

Kim: Aber das ist ja auch total ok.

Louis: Wir haben die Unterstützung von der Gemeinde, wir können gut zusammenarbeiten.

Kim: Leute rufen uns an, wenn sie ihre Häuser entrümpeln und fragen, ob wir Betten brauchen oder Matratzen und so.

Christoph: Wir sind immer mit der Gemeinde in Kontakt, wir gehen zum Teil auf die Sitzungen. Ich glaube, man nimmt uns schon sehr stark wahr. Ist ja jetzt auch nicht mini was wir machen. Aber dann ist es doch irgendwie mini, weil es so verschwindet in der weiten Landschaft.

Kim: Es gibt eine Frau im Dorf, die sitzt im Rollstuhl und hat sich total gefreut, dass wir jetzt eine barrierefreie Toilette gebaut haben.

Louis: Jetzt muss sie nicht mehr extra nach Hause gehen, um auf Toilette zu gehen. Sonst könnte sie eigentlich nicht kommen, jetzt geht das ganz entspannt. Im Grunde sind halt ganz viele Veranstaltungen, die wir machen, wenn wir eine Ausstellung machen oder mal einen Barabend oder solche Sachen, da entstehen dann diese nachbarschaftlichen Momente und da gibt’s auf jeden Fall Leute, die Lust haben auf diese Verknüpfung.

Wie kann jede*r Einzelne von uns das Projekt unterstützen?

Louis: Auf jeden Fall mit interessanten Projekten hierherkommen. Wir wollen natürlich immer interessante Leute hier haben, die interessante Sachen vorhaben.

Kim: Das ist immer cool, da unterstützen wir uns dann gegenseitig. Ich finde, das ist die beste Art der Unterstützung.

Louis: Eine einseitige Form der Unterstützung ist mit ner Spende. Was natürlich auch eine sehr schöne Form ist.

Kim: Man kann uns auch supporten, indem man zu unseren Veranstaltungen kommt.

Louis: Und indem man anderen Leuten von unserem Projekt erzählt. 


Archiv »